Desmosedici Stradale 90-Grad-V4

In nur sieben Jahren erblickten vier völlig neue Motoren von Ducati das Licht der Welt: der neue und Superleichte V2, der Superquadro Mono in der Hypermotard 698, der V4 Granturismo in der Multistrada V4 und als erster in dieser Abfolge der Desmosedici Stradale in den Panigale V4 und Streetfighter V4 Modellen.

Seit dem Einstieg in die MotoGP-Rennserie setzt Ducati auf das 90-Grad-V4-Layout. Dass diese Bauweise heute bei zahlreichen MotoGP-Motoren zu finden ist, zeigt, dass sie nicht nur für Ducati den Höhepunkt der sportlichen Motorenbaukunst markiert, sondern auch höchste Effizienz und Performance ermöglicht. In der 90-Grad-V-Bauweise gleichen sich die Massenkräfte erster Ordnung auf natürliche Weise aus, wodurch eine Ausgleichswelle zur Eliminierung von Vibrationen überflüssig wird. Dieser konstruktive Vorteil, der entscheidend für die Zuverlässigkeit und mechanische Effizienz eines hochdrehenden Motors ist, ist nur einer von vielen Vorzügen, die diese von Ducati gewählte Konfiguration zur technisch raffiniertesten Bauweise machen.

Verglichen mit einem klassischen Reihenvierzylinder ermöglicht die geringere Baubreite der V-Anordnung auch eine bessere Massenzentralisierung und reduziert die Stirnfläche des Motorrads. Darüber hinaus verringert die kürzere Kurbelwelle den gyroskopischen Effekt. All diese Aspekte wirken sich positiv auf die Fahrdynamik aus, insbesondere bei schnellen Richtungswechseln. Im Raum zwischen den beiden Zylinderbänken finden die Wasserpumpe und eine große Airbox Platz, die dem Desmosedici-Motor tiefes Atmen ermöglicht.

Ausgangspunkt für die Entwicklung des Desmosedici Stradale waren die Herzstücke des V4-MotoGP-Rennmotors – die Zylinderköpfe. Mit denselben Dimensionen und Konstruktionsmerkmalen wie bei der Desmosedici GP ausgestattet, herrschen in der Desmosedici Stradale die gleichen herausragenden Strömungsverhältnisse. Auch die Einbaulage des Treibwerks ist identisch: 90-Grad-V4, um 42 Grad nach hinten geneigt. Diese Lösung ist besonders kompakt, ermöglicht eine gute Massenzentralisierung, erlaubt den Einbau größerer Kühler und verlagert den Schwingendrehpunkt so weit wie möglich nach vorne.

2025 - V2 Twin

2024 - Superquadro Mono

2021 - V4 Granturismo

2018 - Desmosedici Stradale

Diese Anhäufung der nachstehend beschriebenen modernsten technischen Lösungen – entwickelt in der MotoGP und angepasst für höchste Zuverlässigkeit im Alltag – demonstriert einmal mehr die Einzigartigkeit von Ducati: Ein V4-Motor in dieser Konfiguration und mit dieser technischen Ausstattung ist kein zweites Mal in der Motorradwelt zu finden.

MOTOR

Die DNA der MotoGP-Racer

Aus den Erfahrungen der MotoGP und in enger Zusammenarbeit mit den Ingenieuren von Ducati Corse entstand dieser kompakte, leichte und extrem leistungsstarke Motor. Er maximiert den Fahrspaß auf der Straße und garantiert gleichzeitig herausragende Rennstreckenqualitäten. Das horizontal geteilte Leichtmetall-Motorgehäuse wird im Kokillengussverfahren gefertigt. Im oberen Kurbelgehäuse sind vier Aluminium-Zylinderlaufbuchsen untergebracht, deren Nikasil-Beschichtung den Verschleiß und die Reibung minimiert. Zur Gewichtsreduzierung bestehen die Zylinderkopfdeckel, die Ölwanne, der Lichtmaschinendeckel und die zweiteilige Kupplungsabdeckung aus einer speziellen Magnesiumlegierung. Mit lediglich 64,9 kg bringt der Desmosedici Stradale nur 2,2 kg mehr auf die Waage als der 1.285 cm³ große Superquadro Twin.

 

  

ZÜNDFOLGE

Twin Pulse Arbeitsprinzip

Ein V4-Motor mit einem Hubzapfenversatz von 70 Grad erzeugt eine „Twin Pulse“-Zündfolge, die dem Arbeitsprinzip eines doppelten Zweizylinders entspricht. Dabei zünden die beiden linken und die beiden rechten Zylinder nahezu zeitgleich bei 0 Grad, 90 Grad, 290 Grad und 380 Grad. Diese spezielle Zündfolge führt zu dem charakteristischen Klangbild des Desmosedici Stradale, das dem der Ducati MotoGP-Bikes ähnlich ist. Zu Beginn zündet der vordere Zylinder auf der Lichtmaschinenseite bei 0 Grad, gefolgt von der Zündung des hinteren Zylinders auf derselben Seite bei 90 Grad. Danach folgt ein Intervall ohne Drehmomententwicklung, bis die beiden Zylinder auf der Kupplungsseite nacheinander bei 290 Grad und 380 Grad zünden. Die „Twin Pulse“-Zündfolge verleiht dem V4 nicht nur ein einzigartiges Klangprofil, sondern trägt auch zur herausragenden Performance und außergewöhnlichen Kontrollierbarkeit bei, insbesondere in Kurven und am Kurvenausgang.

ZYLINDERKOPF

Leichter und noch kompakter

Wie bei allen Ducati-Motoren spielt die Desmodromik auch beim Desmosedici Stradale eine entscheidende Rolle für die Performance. Beim Desmosedici Stradale kommt eine komplett neue Desmodromik mit überarbeiteten und gewichtsoptimierten Komponenten zum Einsatz. Nur dadurch war die Konstruktion der extrem schmalen Zylinderköpfe überhaupt möglich – so leicht und kompakt wie nie zuvor bei einer Ducati. Jedes einzelne Bauteil wurde im Hinblick auf besondere Drehzahlfestigkeit entwickelt und getestet, um den hohen Drehzahlen des V4-Motorenkonzepts gerecht zu werden. Der Desmosedici Stradale ist mit vier Nockenwellen ausgestattet, die 16 Ventile steuern. Die Einlassventile haben einen Durchmesser von 34 mm, während die Auslassventile 27,5 mm messen. Die Ventilsitze bestehen aus Sintermetall, was ihre Haltbarkeit erhöht.

  

 

 

 

 

 

 

 

KURBELWELLE

Gegenläufig gedreht!

Üblicherweise rotiert die Kurbelwelle bei Serienmotorrädern in der gleichen Richtung wie die Räder. In der MotoGP dominieren jedoch gegenläufig laufende Kurbelwellen, weil sie zwei Aspekte der Fahrdynamik positiv beeinflussen: die gyroskopische Wirkung und die Massenträgheitskräfte. Aufgrund dieser Vorteile haben sich die Ducati-Entwickler beim Desmosedici Stradale für diese High-End-Lösung entschieden. Eine gegenläufig rotierende Kurbelwelle gleicht einen Teil der durch die rollenden Räder entstehenden stabilisierenden Kreiselkräfte aus, was das Handling verbessert und das Motorrad, insbesondere bei Richtungswechseln bei hohen Geschwindigkeiten, agiler macht. Der zweite Vorteil betrifft die Massenträgheit des Motorrads. Bei konventionell drehenden Kurbelwellen erzeugt das Antriebsdrehmoment eine Aufwärtskraft, die die Tendenz zum Wheelie verstärkt. Eine gegenläufig rotierende Kurbelwelle hingegen erzeugt eine entgegengesetzte Kraft, die die Front des Motorrads nach unten drückt und somit die Neigung zum Wheelie reduziert. Diese Wirkung zeigt sich auch bei harten Bremsmanövern, bei denen das Hinterrad zum Abheben neigt; eine gegenläufig rotierende Kurbelwelle wirkt dem Anheben entgegen. Eine solche Kurbelwelle verbessert also das Fahrverhalten sowohl beim Beschleunigen als auch beim Bremsen. Natürlich erfordert diese Bauart eine zusätzliche Umkehrwelle, damit sich das Motorrad in die richtige Richtung, also vorwärts, bewegt. Diese Umkehrwelle, als zusätzliches Bauteil der Kraftübertragung, muss bei der Ermittlung von Motorleistungsdaten an der Kurbelwelle mit einkalkuliert werden, sofern die Messung über das Hinterrad erfolgt. Auf Rollenprüfständen muss deshalb ein Korrekturfaktor von 0,98 berücksichtigt werden.

DESMODROMIK

Von Ducati zur Perfektion entwickelt

Angesichts der hohen Drehzahlen des V4 und der Größe seiner Ventile wäre eine herkömmliche Ventilbetätigung mit Federn überfordert – die Ventile könnten den steilen Nockenprofilen nicht schnell genug folgen. Daher kommt die desmodromische Zwangsventilsteuerung, das Ducati Desmo System, zum Einsatz. Bei dieser Technologie werden die Ein- und Auslassventile durch einen Kipphebel geöffnet und durch einen weiteren Kipphebel präzise geschlossen, anstelle einer herkömmlichen Spiralfeder. Diese Methode bietet unvergleichliche Vorteile: Sie gewährleistet höchste Präzision und minimiert den Drehwiderstand, was zu maximaler Leistung bei gleichzeitig geringem Energieaufwand führt. Diese von Ducati zur Perfektion entwickelte Technologie, die auch in jedem Ducati MotoGP-Rennmotor zum Einsatz kommt, ermöglicht extreme Nockenwellenprofile und Steuerzeiten sowie diese großen Ventildurchmesser und hohen Drehzahlen.

SERVICEINTERVALLE

24.000 Kilometer Ventilservice

Während die Performance des Desmosedici Stradale den Superquadro-Zweizylindermotor deutlich übertrifft, bleiben die Intervalle für die Ventilspielkontrolle (Desmo-Service) mit 24.000 km unverändert. Auch die Intervalle für die regulären Wartungsarbeiten bleiben gleich: Alle 12 Monate oder nach 12.000 km Laufleistung.

RIDE-BY-WIRE

Innovation im Gasgriff

Die Ride-by-Wire-Technologie, ursprünglich für die Luftfahrt entwickelt, verwendet keine Gasseile zur Steuerung der Drosselklappen. Stattdessen werden diese von ultraschnellen Servomotoren betätigt, die über ein elektronisches Interface gesteuert werden. Dieses Interface optimiert die Drosselklappensteuerung für eine präzise Leistungsentfaltung, die sich je nach Riding Mode, Gasgriff-Stellung und Leistungscharakteristik anpasst.

VENTILTRIEB

Ketten-Zahnrad-Hybridantrieb

Die Nockenwellen werden durch zwei Steuerketten angetrieben. An der vorderen Zylinderbank treibt die Steuerkette die Einlassnockenwelle an, die ihrerseits die Auslassnockenwelle über ein Zahnradpaar antreibt. Auf der hinteren Zylinderbank übernimmt die Steuerkette den Antrieb der Auslassnockenwelle, die wiederum die Einlassnockenwelle steuert. Diese Lösung minimiert Kraftverluste und verbessert sowohl die Performance als auch die Zuverlässigkeit des Systems. An der vorderen Zylinderbank läuft die Steuerkette auf der rechten Motorseite und wird von der Kurbelwelle über ein Zahnrad angetrieben, das auf das Primärzahnrad greift. Der Nockenwellenantrieb der hinteren Zylinderbank befindet sich auf der linken Motorseite und wird ebenfalls von einem Zahnrad auf der Kurbelwelle angetrieben. Jeder Zylinderkopf ist zudem mit einem Klopfsensor ausgestattet, der den Zündzeitpunkt optimiert, um unerwünschte Detonationen im Zylinder zu verhindern.

KUPPLUNG

Anti-Hopping-Funktion und Servo-Technologie!

Die Ducati V4-Motoren sind mit einer Anti-Hopping-Kupplung ausgestattet, die über ein Slipper- und Servosystem verfügt. Beim harten Anbremsen und gleichzeitigen schnellen Herunterschalten kann es zu unerwünschtem Hinterradstempeln kommen. Eine speziell entwickelte Kupplungsdruckplatte reduziert in solchen Fällen den Kraftschluss, verhindert das Rückwirken der Motorbremse auf das Hinterrad und minimiert so das „Hüpfen“ (englisch: hopping) sowie das Stempeln des Hinterrads. Die Servo-Technologie senkt zudem die erforderliche Betätigungskraft erheblich, was zu einem spürbaren Plus an Sicherheit und Fahrkomfort führt.

KÜHLSYSTEM

Effizient und optimal integriert

Die im freien Bauraum zwischen den Zylinderbänken untergebrachte Wasserpumpe wird von einer zahnradgetriebenen Welle betätigt. Durch diese Einbaulage wird der Kühlkreislauf verkürzt, was ihn effizienter macht und das Motorengewicht reduziert. Ein Ölkühler, der unterhalb des Wasserkühlers positioniert ist, trägt ebenfalls zur effizienten Temperaturregulation bei.

KRAFTSTOFFVERSORGUNG

Variable Ansaugtrichter

Jeder Drosselklappenkörper ist mit zwei Einspritzdüsen ausgestattet: Die erste sitzt unter der Drosselklappe und sorgt bei niedrigeren Lastanforderungen für das richtige Gemisch, während die zweite oberhalb der Drosselklappe zusätzlich angesteuert wird, wenn Höchstleistung gefordert ist. Der Desmosedici Stradale saugt sein Gemisch durch vier ovale Drosselklappenkörper an, die mit variablen Ansaugtrichtern ausgestattet sind. Dieses System, das von der ECU abhängig von Drehzahl und Leistungsbedarf gesteuert wird, besteht aus zwei Teilen: einem festen Ansaughorn direkt am Drosselklappenkörper und einem verschiebbaren Teil, der von einem elektrischen Stellmotor in Stahlhülsen bewegt wird. Wird das bewegliche Element angehoben, bildet es zusammen mit dem festen Ansaughorn einen durchgehenden, deutlich längeren Ansaugtrichter. Wenn das Element abgesenkt wird, strömt die Ansaugluft nur durch das feste Ansaughorn, sodass der Motor über kurze Ansaugwege versorgt wird. Diese fortschrittliche Technologie ermöglicht es, die Länge der Ansaugwege und damit den Gasfluss im Ansaugtrakt über den gesamten Drehzahlbereich optimal zu regulieren und so die Leistungsentfaltung zu perfektionieren.

ÖLPUMPEN

Vier Ölpumpen – Perfekte Schmierung

Wie bei den MotoGP-Motoren sorgt auch der Desmosedici-Motor durch eine Semi-Trockensumpfschmierung mit Druck- und Rückförderpumpen für eine ständige und effektive Schmierung aller beweglichen Teile. Die Ölversorgung erfolgt über vier Pumpen: Eine kettengetriebene Rotationspumpe fungiert als Druckpumpe und fördert das Öl zu den beanspruchten Stellen, während drei Rückförderpumpen die Rückführung des Öls sicherstellen. Eine der Rückförderpumpen, eine Zahnradpumpe, sammelt das Öl aus den Zylinderköpfen über zwei Kanäle, während die beiden anderen Rückförderpumpen, Kreiskolbenpumpen, eine effiziente Ölrückführung unter allen Bedingungen gewährleisten. Diese Pumpen erzeugen ein konstantes Vakuum im Bereich unter den Kolben, wodurch der Widerstand bei der Abwärtsbewegung minimiert und der Kraftverlust durch Luftwiderstand reduziert wird. Der Öltank, der gleichzeitig den Ölfilter beherbergt, befindet sich in einer Magnesiumwanne unterhalb des Motorgehäuses.

DQS

Winkelpositionssensor statt Mikroschalter

Das DQS 2.0-System nutzt eine Strategie, die ausschließlich auf dem Winkelpositionssensor der Schalttrommel basiert, wodurch ein Mikroschalter überflüssig wird. Dies führt zu einem direkteren Schaltgefühl, kürzeren Schaltwegen und präziseren Schaltvorgängen. Die DQS-Strategie variiert je nach Lastzustand: Im Teillastbereich wird die Intervention durch eine Verzögerung des Zündzeitpunkts realisiert, was die Schaltvorgänge auf der Straße geschmeidiger gestaltet. Beim Schalten mit voll geöffneter Drosselklappe, wie es im Rennsport üblich ist, wird eine Einspritzunterbrechung verwendet. Eine weitere Verbesserung erzielt das System durch den Einsatz von Lagern anstelle von Buchsen bei den Hebeln, was Spiel eliminiert, und die Reibung reduziert, wodurch die Schaltpräzision weiter erhöht wird.

 

 

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